Jack McDevitt

POLARIS

„Polaris“, 2004, deutsche Erstausgabe, aus dem Amerikanischen von Frauke Meier, Bastei/Lübbe-SFTB 24349, 2006, 525 Seiten, 8,95 EUR.
Coverzeichnung: Frec Gambino.

Mit seinem neuem Roman POLARIS kehrt der US-amerikanische Autor in seine zweite Future History zurück, die er mit dem Roman DIE LEGENDE VON CHRISTOPHER SIMS (zusammen mit ERSTKONTAKT in Bastei/Lübbe-SFTB 24274) begründete: Die Menschheit lebt seit etwa 1.500 Jahren zwischen den Sternen und hat die Konföderation gegründet, ist aber nur auf eine Alienrasse gestoßen. Der von den Menschen erforschte und besiedelte Weltraum ist offenbar übersät mit verlassenen Raumstationen verschiedener Epochen und Imperien.
Vor sechzig Jahren beobachtete die POLARIS, bemannt mit der Pilotin, einem populären Politiker und fünf herausragenden Wissenschaftlern, die Kollision zwischen einer Sonne und einem weißen Zwerg. Nach der Kollision riss der Kontakt zur POLARIS ab, das Raumschiff wurde treibend, aber leer aufgefunden. Das Verschwinden der Passagiere konnte nicht aufgeklärt werden. Nunmehr sollen Artefakte aus der POLARIS, persönliches Eigentum der Passagiere vor allem, versteigert werden. Der Händler Alex Benedict und seine Pilotin Chase Kolpath erhalten die Gelegenheit, vorab eine Reihe der Artefakte zu erwerben, bevor die übrigen durch eine Explosion zerstört werden.
POLARIS ist im Gegensatz zu anderen Romans McDevitts (GOTTES MASCHINEN [Bastei/Lübbe-SFTB 24208], DIE SANDUHR GOTTES [(Bastei/Lübbe-SFTB 24231], SPUREN IM NICHTS [Bastei/Lübbe-SFTB 24291], CHINDI [Bastei/Lübbe-SFTB 24328] und OMEGA [Bastei/Lübbe-SFTB 24341] vor allem) weniger eine archäologische Space Opera als vielmehr ein futuristischer Krimi. Die Käufer der Artefakte, die Benedict retten konnte, werden von Personen mit unklaren Motiven aufgesucht, in das Haus Benedicts wird eingebrochen, er und Chase Kolpath überleben drei Attentate, nachdem sie sich auf die Spur der geheimnisvollen Interessenten für die Artefakte aus der POLARIS setzten.
McDevitt verwendet in POLARIS konventionelle Krimimotive. Alex Benedict und Chase Kolpath – und damit auch dem Leser – wird schnell klar, dass sich unter den Artefakten aus der POLARIS eines befinden muss, das das Verschwinden der Besatzung des Raumschiffes erklären kann, was jedoch unbedingt im geheimen bleiben muss. Einen (doppelten) Showdown lässt der Roman ebenfalls nicht vermissen. Und das Geheimnis, das mit dem Verschwinden der POLARIS-Besatzung gewahrt werden soll, ist zwar für sich betrachtet spektakulär, letztendlich aber nur dem Ideenfundus der Science Fiction entnommen. Nur in einem, immerhin zentralen Aspekt der Handlung nutzt McDevitt die zusätzlichen Sujets, die die SF für eine Krimihandlung bereitzustellen vermag. Ansonsten reicht POLARIS nicht an den Ideenreichtum der archäologischen Space Operas des Autors und den Konzepten, die hinter ihnen stehen, heran.
Das Ende des Romans ist offen und unbefriedigend. Alex Benedict und Chase Kolpath haben das Geheimnis gelüftet, können aber nicht davon profitieren, ebenso wenig wie die Bürger der Konföderation. Nun wäre ein pessimistischer Schluss des Romans durchaus zu akzeptieren gewesen, wenn er nicht so gestaltet wäre, dass der Autor dem Buch ohne weiteres eine Fortsetzung folgen lassen könnte. Allerdings wäre auch bei einem anders gestalteten Ende POLARIS wegen des dünnen Plots viel zu weitschweifig verfasst.

 

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